Eugen Fischer (1874–1967) war der Gründungsdirektor des Kaiser-Wilhelm-Institut für Anthropologie, menschliche Erblehre und Eugenik. Sein Büro befand sich im Erdgeschoss der Ihnestraße 22. Fischer entwarf das Institut als Einrichtung der Grundlagenforschung. Gleichzeitig richtete er die Forschung nach den Bedürfnissen zunächst des Weimarer und später des nationalsozialistischen Staates aus. Die politische Aufmerksamkeit für die Eugenik nutzte er, um mehr Zuschüsse zu erhalten. Fischer hatte seine Karriere zur Zeit des Kaiserreichs begonnen. In seiner Forschung spiegelten sich damals kolonialpolitische Interessen. Viele dieser Themen verfolgte Fischer in der Weimarer Republik und im Nationalsozialismus weiter und passte sie den veränderten politischen Gegebenheiten an.
Einigen Nationalsozialisten galt Fischer zunächst als politisch unzuverlässig. Jedoch stellte er das Institut schnell in den Dienst der neuen Machthaber. 1933 ernannte ihn Adolf Hitler zum Rektor der Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin (heute Humboldt-Universität). 1940 trat Fischer in die NSDAP ein. Nach seiner Pensionierung 1942 wurde sein wissenschaftlicher Zögling Otmar von Verschuer Institutsdirektor.
In seinem 1913 im Kaiserreich veröffentlichten Buch fragte Fischer nach der Vererbung von dem, was er als „Rassenmerkmale“ verstand. Dazu vermaß er rund 300 Nachfahr*innen von Schwarzen und Weißen Menschen in Rehoboth im deutsch kolonisierten Namibia. Seine These: Der Erbgang folge dem mathematischen Prinzip der Mendel’schen Regeln. Das ist falsch. Dennoch begründete das Buch Fischers Ruhm. Noch 1961 wurde es neu aufgelegt.
Fischer interessierte sich für das, was er zur „Rassenkreuzung“ erklärte. In der Weimarer Republik regte er Doktorand*innen dazu an, dem vermeintlichen Phänomen nachzugehen. Auch für die Nationalsozialisten waren solche Forschungen relevant. Sie erhofften sich eine Klärung der Frage, bei welchem Anteil an jüdischen Vorfahren Personen als „jüdisch“ gelten und verfolgt werden sollten.